Sind Sie Marktforscher? Dann kennen Sie diese Frage wahrscheinlich. Als Datenerhebungs-Profi wird man immer wieder mit ihr konfrontiert. Das ist nicht unbedingt schlecht, weil man mit der Antwort durchaus ein gewisses Erstaunen hervorrufen kann. Gleichzeitig reflektiert die Frage aber auch die Art und Weise wie in Medien mit Marktforschung und deren Ergebnissen umgegangen wird.

Halbwissen wird in Schlagzeilen untergebracht. Wichtige Kontext-Information über das Zustandekommen der Ergebnisse werden vernachlässigt, sind lästig. In der Konsequenz ist der Weg zum falschen oder auch bewusst manipulierten Umgang mit Zahlen nicht weit.

Aber machen wir uns nichts vor: Diese Thematik gibt es, seit es Daten gibt. Sie wird uns auch in den kommenden Jahren erhalten bleiben und wahrscheinlich noch an Problematik zulegen. In einer Zeit, in der Daten immer schneller produziert werden, wird die Frage nach Hintergrund, Kontext oder Repräsentativität immer weniger oder sogar falsche Antworten erhalten. Gefährlich wird die Lage, wenn Daten genauso weich sind, wie das Bauchgefühl. Zu diesem Zeitpunkt braucht man eigentlich keine Daten mehr.

Aber selbst die Zunft der Marktforscher ist nicht frei von Versuchungen der Beliebigkeit. Ein Besuch beim BVM-Kongress mit vielen interessanten Vorträgen offenbart leider auch den zunehmend flüchtigen Umgang mit Zahlen. Da werden in den Präsentationen Prozentwerte als „gottgegeben“ in den Vordergrund gestellt ohne auch nur ein einziges Mal etwas über die angesprochene Zielgruppe zu erzählen.

Kommen wir jetzt aber auf die Ausgangsfrage zurück. Falls Sie bei der Beantwortung der Frage unsicher sind, hier nun die Antwort:
Die Anzahl Interviews hat praktisch keinerlei Bedeutung für die Repräsentativität der Ergebnisse. Repräsentativität bedingt stattdessen Anforderungen an die Stichprobenziehung und Ausschöpfung (hohe Strukturgleichheit zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit, optimales Auswahlverfahren der Stichprobe, hohe Ausschöpfungsquote). Sind die Anforderungen eingehalten (was leider kaum realisierbar ist), hat auch die Stichprobengröße einen Einfluss auf den statistischen Fehler, sprich mehr Interviews = geringerer Fehler – im Volksmund „repräsentativer“.

Oder stark vereinfacht gesprochen: 100 zufällig ausgewählte Interviews führen eher zu repräsentativen Ergebnissen als 1.000 verzerrt ausgewählte Interviews.

Interessant bleibt die Frage, woher eigentlich die Zahl „1.000“ kommt? Wir versuchen uns mal an einer Erklärung:

  • 1.000 hört sich einfach besser an als 900 (auch der Marktforscher ist nicht frei von Emotionen).
  • Weil sich „1.000 Interviews “ so gut anhört, haben die Medien die 1.000 gerne und häufig bei Polit- und Sozialthemen kommuniziert und als Quasi-Standard gesetzt. Aber natürlich auch weil Schwankungsbreiten insbes. bei Politikthemen gering bleiben müssen.
  • Mit 1.000 Interviews lassen sich recht gut Subgruppen analysieren.
  • Geschichtete Stichproben (insbes. für die Regionalabdeckung – Fläche und Infrastruktur) benötigen eine gewisse Masse.
  • Früher lebte die Marktforschung vor allem von der Datenerhebung. Hohe Stichproben wurden schlicht und ergreifend gerne verkauft.

 

Haben wir einen wichtigen Punkt vergessen? Rufen Sie uns an, damit wir ihn mit auf die Liste nehmen können.